tagelang sind wir auf reisen zu den wörtern
sie leben auf eisfeldern, in savannen
in verwilderten gärten
einige ihrer verwandten verbringen ein ganzes leben
in den wäldern
nachts fällt licht aus den sternen
der weg mäandert durch grasweiden
weit weg von krieg, hass
den zerstörten gesichtern, grau
vor angst und elend
wir halten uns an das
was unser innerstes antreibt
das andere ich
entfernt von verwüstung
es ist ein altes wissen um schönheit
ein geburtsgeschenk aus der ferne
bald hören wir erstes rascheln
rauschen, ein singen
die steine beginnen zu reden
wörter treten aus dem versteck
bäume verneigen sich vorm ersten leuchten
ein moment klart auf
und das gedicht beginnt zu sprechen
Gabriele Pflug
[auf seite drei/lichtverhältnisse]
I
es heitert sich auf
die flüsse bergen gold
unter den steinen
leuchten forellen
es lichtet sich das wort
und die ferne kehrt
mit dem echo zurück
sehnsucht ist ein vokabular
das lichterloh brennt
II
In früchten leuchtet sommer auf
und langes licht gleitet leicht
über die ränder des tages
in deinem wort
bricht sich der rest von wärme
wir trocknen sie auf unserer haut
bis schnee zu uns spricht
mit hellem klang
Gabriele Pflug
auf seite eins/waldverse
heute atmen die wörter so laut
auf dem blatt beben die zeilen
von sommerwind ist die rede
und regen
von der zärtlichkeit der bäume
wenn sie einander ihre wurzeln berühren
auf seite eins
mein versreicher wald
Gabriele Pflug
seitenweise/ 6. eintrag
grasweiten gedankenweiten
selten verlassen wir die feuerstelle der wörter und wenn, um nach unbekannten geschichten zu jagen. reihum geben wir von mund zu mund sätze weiter. wir schlafen in versen und träumend spannen wir ihre flügel über eine laue sommernacht.
Gabriele Pflug
seitenweise/ 5. eintrag
wir treiben der letzten wildnis die seele aus, bis sie nur noch durch die sätze einzelner geistert. entlang des schlafs ziehen karawanen alter bäume, kiefern, lärchen, buchen und wilde weiten flackern in gedichten auf. morgens fallen schatten von den wänden ab. im zwielicht kauern wir uns um die wörter und versuchen satt zu werden.
Gabriele Pflug
morgenspaziergang
das sich wandelnde licht auf den wiesen
sein goldenes spiegelbild
im fenster eines nahen bauernhofes
dunkle striche von maisfeldern
ein schwarzer knick in den hügeln
so viel grün und braun im flurgeflecht
darüber das toupierte weiß der wolken
und ein himmel unbeschreibbar
mit seinem verschwenderischen blau
Gabriele Pflug
NEIN ZU BÖLLER UND CO!!!
einst formten wir
einst formten wir
aus den blicken der tiere
worte
trugen stille
im fell vor uns her
farne und wälder liefen über steppen
ein bogen licht
öffnete den himmel
und bei klarer sicht
konnten wir
die sternbilder einander erklären
Gabriele Pflug
Abendbild
Letztes flackerndes Grün
eine Frau auf dem Feldweg
ruhelos, diese jähe Stille.
Etwas stemmst du
immer der Zeit entgegen:
Verse, Vogelstimmen, gesummte Töne.
Gibt es sie noch?
Landschaften, die du schreibend erkundest.
Weggabelungen, die wie Sternbilder gelesen werden.
Mondfarbige Nächte und der Wind
ein seidener Fächer, der sich
über den aufkommenden Abend öffnet.
Gabriele Pflug
[in einer sommernacht]
wenn das libellenlicht angeht
rühren sich stimmen im unterholz
ein raunen und wispern aus dem wurzelgeflecht
so sei denn die welt eine wundersame
in diesem gedicht
bricht gegen morgen
der himmel entzwei
und unaufhörlich fällt regen
auf die tage auf die stunden
(für Christa und Conrad, danke für eure lesetreue)
Gabriele Pflug